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Kerbhölzer

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Kerbhölzer - Buchhaltung in alter Zeit
Wer kennt nicht den Ausdruck, „etwas auf dem Kerbholz zu haben“? Die alte Redewendung hat ihren Ursprung in jenen Tagen, als Schreiben und Lesen noch nicht Allgemeingut waren. Eine einfache Zeichenschrift auf Spanhölzern diente zur Abrechnung und wechselseitigen Prüfung von Leistungen oder Zahlungen. Über die Verwendung von Kerbhölzern gaben 1936 in den Tiroler Heimatblättern Prof. Rudolf Sinwell, Pfarrer Karl Mair von Uderns im Zillertal sowie Hauptschuldirektor Heinrich Rendl Auskunft. Kerbhölzer waren bei Bäckern und Krämern ebenso im Einsatz wie bei Fuhrleuten, zwischen Wirten und Bauern sowie zwischen Kohlenbrennern oder Holzhändlern und ihren Abnehmern. Die mit Kerben ins Holz geritzten Zeichen konnten Arbeitsschichten ebenso bedeuten wie gelieferte Waren oder geleistete Abgaben. Eine völlig andere Funktion hatten die zweiteiligen Kerbhölzer: Mit Hilfe dieser Spanhölzer wurde sozusagen Buch geführt über die Leistungen, die die Bewohner für die Gemeinschaft zu erbringen hatten. Bei Dorfsitzungen wurde beraten, welche Arbeiten beispielsweise für den Erhalt von Wegen, für die Bachverbauung oder andere Gemeinschaftseinrichtungen notwendig waren. Je nach Größe des Hofes wurden den Bauern Arbeitsschichten, die sogenannten Dorflasten vorgeschrieben. Die Dorfmeister kontrollierten, ob jeder einzelne Bauer seinen Verpflichtungen nachkam. Von den zweiteiligen Kerbhölzern blieb eines beim Dorfmeister und eines beim Bauern. Die beiden Holzteile wiesen am oberen Ende ein Loch auf, durch das ein Stift geschoben wurde, um sie genau aufeinander zu legen. Die Unverrückbarkeit hatte für den Dorfmeister große Bedeutung: Die Zeichen wurden meist mit einem Messerschnitt auf beiden Teilen angebracht - die im oberen Span mussten genau mit denen im unteren Span übereinstimmen. Bei der jährlichen Dorfabrechnung wurde dann verglichen. Die Kerben hatten unterschiedliche Bedeutung, die von Ort zu Ort etwas anders festgelegt wurde. Aus Stumm im Zillertal sind die Werte der Kerben noch bekannt: Eine dünne senkrechte Kerbe bedeutete eine Weiberschicht, eine dicke eine Männerschicht. Zwei eng beieinander geritzte Längskerben schrieben eine Schicht mit Wagen vor, drei solche Kerben eine Schicht mit einem Pferd, eine römische Fünf bedeutete eine Schicht mit Wagen und Pferd. In Stumm gab es zwei Dorfmeister, die jährlich um Josefi (19. März) im Turnus wechselten. An diesem Tag wurde auch abgerechnet: Wer zu wenig Schichten gemacht hat, musste zahlen, wer zuviel hatte, bekam. Dann wurden Schuld und Guthaben durch Wegschneiden der Einkerbungen gelöscht, so dass der Span für neue Kerbungen wieder aufnahmefähig war.

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