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Molkerei

Genossenschaft Wörgl
Am 26. Mai 1929 beschließen 18 Interessenten aus den Gemeinden Wörgl, Kirchbichl, Angath, Häring und Mariastein die Gründung der „Molkereigenossenschaft Wörgl", teils um auch den weiter abseits gelegenen Bauern den Verkauf der Milch zu ermöglichen, teils mit dem Ziel, über einen Ausgleichsmechanismus zwischen Über- und Unterangebot zu verfügen. Dafür wurde bereits vorher der zur Versteigerung ausgeschriebene „Basler-Hof" erworben. Da 1929 neben anderen Schwierigkeiten auch finanzielle Engpässe auftreten, wird der Aufsichtsrat erst am 19. Jänner 1930 unter dem Kaufmann und damaligen Bürgermeister Johann Gollner konstituiert. Aber die Finanzlage verschlimmert sich zusehends, da das Adaptieren des Basleranwesens 600.000 Schilling verschlingt, 100.000 Schilling bereits als Kredit aufgenommen worden sind und auch noch das Defizit des ersten Betriebsjahres von 13.000 Schilling auf 50.000 Schilling angewachsen ist, womit der Gesamtschuldenstand nach Abzug der Subventionen eine für diese Zeit satte Summe von 630.000 Schilling erreicht hat. Obwohl die Mitglieder immer wieder Eigenmittel zuschießen, steht Ende 1931 die Liquidierung zur Diskussion. Bei einer Wiederveräußerung des Anwesens hätte man aber höchstens mit 360.000 Schilling rechnen dürfen. Also entscheiden sich die bisherigen Genossenschaftler, deren Leihbeträge 200.000 Schilling ausmachen, die über den Realwert des Anwesens hinausgehenden Verbindlichkeiten selbst zu übernehmen, bei einer gleichzeitigen Erweiterung zur „Molkereigenossenschaft Wörgl und Umgebung" mit dann 35 Mitgliedern. Der bisherige Obmann Auer tritt zurück und übergibt den Obmannposten an den Kundler Ökonomierat Josef Oberhammer, der bis 1951 die Geschicke der Genossenschaft leiten sollte. Im Jahr 1932 macht die Genossenschaft erstmals kein Defizit, die Schuldenlast ist nach wie vor drückend, aber im Sinken begriffen, und so werden 1934 an die Mitglieder für die verarbeiteten 684.000 Liter Milch 140.000 Schilling ausbezahlt.
Die Konkurrenz kleinerer Unternehmen in der Umgebung von Wörgl verursacht weniger Probleme als die Innsbrucker Molkerei, die das Monopol im Lande anstrebt. Da auch die Reinmilchgewinnung und, daraus resultierend, die Minderqualität des Käses Schwierigkeiten bereiten, müssen die 47 (i.W. siebenundvierzig) Schilling Reingewinn, die 1935 erwirtschaftet werden, wohl als Erfolg betrachtet werden. Aber es geht bergauf, 1937 tritt auch die Wildschönau der Genossenschaft bei, die Schulmilchaktion verbessert den Absatz, sodaß für notwendige Anschaffungsmaßnahmen neuerlich ein Kredit aufgenommen werden kann. Die Folgejahre schließen mit Gewinn ab, und der Mitgliederstand erreicht 1939 mit 73 eine vorläufige Rekordhöhe - immerhin reicht das Einzugsgebiet von Hopfgarten über Kirchbichl bis Rattenberg. Der Anschluß an das Deutsche Reich bringt durch die Zwangsablieferung auch immense Absatzsteigerungen. Was dann folgt, ist Chaos, nicht nur, aber gerade auch am Ernährungssektor. Für die Molkerei schlägt 1945 erneut die Stunde Null, und zur ersten Nachkriegsvollversammlung erscheinen nur 31 der 105 Mitglieder. Zweigstellen werden geschlossen, eine in Häring eröffnet, und das Jahr 1949 bringt erstmals wieder einen Reingewinn. 1951 übernimmt Dipl.-Ing. Leo Haid die Betriebsleitung, und Josef Horngacher, der Schauflerbauer aus Angath, bekleidet die Obmannstelle. Pläne für einen Neubau, der trotz der Kosten von knapp 6 Millionen Schilling billiger als ein Umbau der alten Molkerei kommt, sorgen zunächst für Unruhe, führen sogar zum handgreiflichen Streit mit wüsten Beschimpfungen und nachfolgenden Ehrenbeleidigungsklagen, aber die Gemüter beruhigen sich wieder. Ein Jahr später beschließt die Vollversammlung den Bau eines neuen Betriebes an der Poststraße, der 1955 bei der Einweihung noch als „Jahrhundertbauwerk" gepriesen wird, aber mit 33 Jahren nur ein Drittel dieser Zeit brauchen sollte, um erneut alle Kapazitäten zu sprengen, sodaß er einem neuerlichen Neubau der Molkerei am östlichen Stadtrand weichen mußte. 
Text von Herbert Werlberger  aus "Wörgl Ein Heimatbuch" Edition Josef Zangerl.

Molkerei, Unterbergerhaus, später mit Kino Fürbass
Molkerei, Unterbergerhaus, mit Kino Fürbass
Abbruch der Molkerei und Bau des Gemeindeamtes und Wohnungen
Kriegerdenkmal Ecke Bahnhofstraße - Speckbacherstraße
ca. 1933, Volksbad und Fleischerei, davor das Kriegerdenkmal
ca. 1944, Tonkino Fürbass, davor das Kriegerdenkmal
Volksbad und Fleischerei, davor das Kriegerdenkmal
Genossenschaftsmolkerei, davor das Kriegerdenkmal
Denkmal für die Verstorbenen der beiden Weltkriege. Auf dem gebäumten Streitross sitzt der hl. Ritter Georg. Hier noch vor der Molkereigenossenschaft