Für die wirtschaftliche Entwicklung Wörgls war seine Lage im Inntal an der Abzweigungsstelle der Landstraße in das Brixental nach Salzburg einerseits über Hopfgarten und andererseits über das Söllland von Bedeutung. Die Straße Wörgl - Wörgler Boden hatte erstmals bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erhöhte Aufmerksamkeit erhalten, als die Gewerke am Rörerbichl das Frohnerz noch zur Schmelzhütte nach Rattenberg führten, wofür auch wiederholt eine bessere Straße verlangt wurde, die zu dieser Zeit übrigens noch als „Salzburger Lantstrassen" bezeichnet wurde, was darauf hindeutet, daß die Bedeutung der Straße auf die Region beschränkt war. In dieser Region aber war Wörgl schon ein zentraler Treffpunkt, sodaß auch das Gewerbe eine „hier schon früher über das gewöhnliche Maß von Dörfern hinausgehende Pflege" erfuhr, als der Ort 1664 das Privileg zur Abhaltung von zwei freien offenen Viehmärkten erhielt. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß Wörgl lange nur ein Dorf und Durchzugsort war.
Abgesehen von der längeren Route über Pustertal und Kärnten, war dabei über Jahrhunderte die Straße über Ellmau, St. Johann und Lofer als einzige ganzjährig befahrbare Verbindung - noch dazu in politisch deutlich unruhigeren Zeiten - zwischen Tirol und Salzburg und weiter nach Wien wesentlich stärkerfrequentiert als die Straße nach Kufstein und Bayern. Das sollte der Landtagsabgeordnete und Bürgermeister Pichler noch in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts beklagen, wenn er die Straßenstrecke zwischen Wörgl und Kufstein als vollständig unbrauchbar bezeichnete und im Landtag auf die Notwendigkeit des Ausbaus hinwies, der dann ab 1931 auch erfolgte. 1895 erhielt endlich auch die Wildschönau jene Straßenverbindung zum Verkehrsknoten Wörgl, deren Bau 1840 noch an zu hohen Kosten gescheitert war. Erst der forcierte Straßenbau in unserem Jahrhundert in der Zeit der Rezession verdient wieder erwähnt zu werden, zumal er als Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auch wirtschaftlichen Belang erhielt. Ein weiteres Mal mußte dann ausgerechnet in der Festschrift zur Stadterhebungsfeier über den Bezug des Wirtschaftslebens zum Straßenbau nachgedacht werden, als eine Umfahrungsstraße mit einem Verkehrsdreieck in Kirchbichl-Oberndorf für die Bundesstraßen nach Kufstein, ins Söll-Leukental und ins Brixental geplant war. „Eine solche Trassenführung würde den Ort Wörgl ... wirtschaftlich auf das gröbste gefährden", wurde damals ganz richtig erkannt und einiges vom Ortskern geopfert, um Wörgl ein Verkehrs- und Wirtschaftszentrum bleiben zu lassen. Denn was den Rückblick beim Straßenverkehr betrifft, müssen weniger einschneidende Ereignisse genannt werden, als vielmehr festzuhalten ist, daß Wörgl durch seine Lage und die Entwicklung der Verkehrswege eine auch für das Umland besondere Position eingenommen hatte, wie etwa für Häring mit dem Kohleabbau oder Kirchbichl mit der Perlmooser AG. „An dieser industriellen Entwicklung außerhalb der Gemeindegrenzen partizipierte Wörgl insoferne, als es in erster Linie Bahn- und Straßenknotenpunkt ist und die Verkehrswege der Umgebung daselbst sich treffen, und deshalb mußte sich der Verkehr bedeutend steigern", auch wenn das heute einige der 10.000 Wörgler bedauern werden. Aber eine Reihe von ihnen wäre wohl gar nicht erst nach Wörgl gekommen, hätte sich der Knotenpunkt an den Strecken Wien-Paris und München-Rom nicht sukzessive zu einem regionalen Verkehrszentrum entwickelt, wobei zweifelsfrei feststeht: „Eine besondere Bedeutung erhielt Wörgl als Verkehrsknotenpunkt aber erst seit der Erbauung der Eisenbahn".
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