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Hauptschule Wörgl

Die Gründung der Bürgerschule (HAUPTSCHULE) vor 100 Jahren

Für den Unterricht des Volkes sorgte im Mittelalter die Kirche, in der Kirchenprobstrechnung von 1479 ist ein „Schuelmaister“ erwähnt - ein erster Hinweis auf den Bestand einer Volksschule.

Seit Eröffnung der Eisenbahnlinie München-Innsbruck im Jahr 1858 (Südbahn) sowie Salzburg-Kitzbühel-Wörgl im Jahr 1875 (Giselabahn) waren im Raum Wörgl Handel und Gewerbe richtig aufgeblüht und eine starke Industrie hatte sich entwickelt. All dies führte zu einer ungewöhnlichen Zunahme der Bevölkerung und damit auch der Schüleranzahl. So stieg die Einwohnerzahl zwischen 1880 und 1923 um 180 % von 1.485 auf 4.155 Personen! Zum Vergleich: In Kufstein betrug die Steigerung im selben Zeitraum 88 %; Kirchbichl hatte im Jahr 1880 annähernd gleich viele Einwohner wie Wörgl, 1923 aber waren es in Wörgl bereits um 1.000 mehr als im Nachbarort.

Die Notwendigkeit eines Ausbaus des Schulwesens in Wörgl verdeutlicht am besten ein Zeitungsbericht aus dem Jahr 1921, in dem es heißt: „…oder es gibt Klassen mit 80 und mehr Schulkindern, was weit über das gesetzlich festgelegte Höchstmaß geht.“

Bürgermeister Dr. Anton Avanzini, Gemeinderat Georg Opperer und Oberlehrer Hans Stricker nahmen sich 1923 neuerlich und mit Nachdruck der Einführung einer Bürgerschule an und wurde diese am 16. September 1923 mit zwei Klassen im Gemeindehaus am heutigen Raiffeisenplatz eröffnet.

Schon im zweiten Jahr besuchten 195 Kinder die vier Klassen und so forderte die Schulbehörde von der Marktgemeinde vehement die Schaffung ausreichender Räumlichkeiten, mit deren Bau nach den Plänen des Wörgler Architekten Dipl.-Ing. Ferdinand Mayr im September 1926 begonnen werden konnte. Neben dem Architekten waren noch die Wörgler Firmen Elektrizitätsgenossenschaft (Beleuchtung), Walter Linser (Türen und Fenster), Anton Wastl (Inneneinrichtung), Franz Danek (Glaserei), Thomas Ladstätter (Maler), Lorenz Blattl (Schlosser), Hans Kirschl (Vorhänge) sowie Johann Gwiggner (Einfriedung) am Bau beteiligt.

Nach nur 61 Arbeitstagen war von 55 bis 70 Arbeitern der Rohbau erstellt und 1927 konnte die Schule als neue „Hauptschule“ eingeweiht werden.

Rohbau 
Rohbau der Hauptschule - 1926 

Hauptschule 1928a
Das fertig gestellte Gebäude - 1928

Wie glücklich Direktor Stricker war, können wir seinem Schlusswort in der „Schulgeschichte der Marktgemeinde Wörgl“ entnehmen, wenn er schreibt:
„Das neue Schuljahr 1927/28 naht, und der Einzug in das neue Heim steht in Sicht. Es wird in Tirol nicht viele Schulgebäude geben, wo auf alles so bedacht wurde, wie in Wörgl. Auch für Turnplatz und Schulgarten wurde gesorgt und kann sich die Schule nun in jeder Weise ausgestalten und entwickeln.“

Turnsaal
Turnsaal - der größte im Bezirk Kufstein

Sieben Jahre nach ihrer Eröffnung steht die Schule – die einzige Hauptschule im Bezirk Kufstein - vor ihrem Aus. Die schlimme Finanzlage der Gemeinde führt dazu, dass die Landesregierung als Sparmaßnahme an die Schließung der Hauptschule, zumindest aber an die Reduzierung der Klassen denkt.
In einer Elternversammlung im April 1934 werden den Anwesenden Lösungsvorschläge und Maßnahmen zum Weiterbestand der Schule unterbreitet.

An diesem Abend zeigen die Eltern in beeindruckender Weise, dass sie die Bildung ihrer Kinder unter keinen Umständen der Wirtschaftskrise opfern würden. 300 (bei drei Gegenstimmen) stimmten für die Erhaltung der Schule und scheuten keine finanziellen Opfer, die auf sie zukamen.
Das ohnehin schmale Familienbudget belasteten die Maßnahmen zum Schulerhalt besonders schmerzlich, musste doch pro Woche für ein Kind 1 Schilling entrichtet werden, um die fehlenden S 8.400, -- aufzubringen. Daneben haben sich die 22 Gemeinden, die Kinder in diese Schule schickten, bereit erklärt, ihre Quote zu verdoppeln.

Das Opfer lohnte sich. Die Hauptschule war gerettet, gerettet von Menschen mit Verantwortungsgefühl und weiser Voraussicht.

Lehrer und Schueler
Lehrkörper und erste Absolventen der Bürgerschule – ca. 1928

Seit nunmehr 100 Jahren stellt die Hauptschule, mittlerweile Neue Mittelschule genannt, eine tragende Säule im vielfältigen Bildungsspektrum der Schulstadt Wörgl dar.

Quelle: Wörgl Ein Heimatbuch Edition Josef Zangerl (Maria Trojan), Bilder: Stadtarchiv Wörgl

Stadtchronist Toni Scharnagl
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