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Post


Post Wörgl anno dazumal, mit Kiosk Anna Ebner. Fahrzeug zur Paketzustellung mit Pferdegespann von 1932
Post und Telegrafenamt
Altes Steinadler Gebäude bereits weggerissen, Blick auf Post und Bahnhof
Postamt in der Salzburger Straße
Alte Post und Hauptbahnhof, 2012
Alte Post, Perchtengruppen
Das Ende der alten Post
Das Ende der alten Post
Hauptbahnhof mit Berger Neubau, 2016


Sowohl etwaige Postkunden, denen der Sinn nach Nörgeln steht, als auch heutige Postler, die mit ihrem Los unzufrieden sind, können sich hier vergegenwärtigen, um wieviel mehr ihre Vorfahren in der Anfangszeit des Postwesens Grund zur Klage gehabt hätten. Oder hätten Sie gewußt, daß sich das erste Postamt gar nicht im Ort befand? Die Station der seit 1500 bestehenden Postlinie Innsbruck-Salzburg lag nämlich in Kundl, und die Post wurde vom dortigen Postmeister zugestellt. Zur Briefaufgabe mußte sich allerdings über 200 lange Jahre jeder selbst nach Kundl bemühen, bis 1722 ein kaiserliches Patent dem Unding ein Ende setzte und eine Briefsammlung ermöglichte. 1734 hatten die Wörgler dann schon einen Postboten, der in erster Linie die Briefpost nach Kufstein zu erledigen hatte. Bald aber ging der Zustellbereich über Kufstein hinaus, und der zuständige Franz Astner, im Hauptberuf Maler, hatte mit einigen Briefempfängern seine liebe Not, wenn er klagte, „es kommt den Leuten spanisch vor, wenn ich um ein, zwei, dreiGroschen ihnen ins Haus laufen oder auf die Ferschen nachgehen muß". Denn einerseits wechselten etwa Soldaten und Dienstboten allzu oft ihren Aufenthaltsort, andererseits war das Briefgeld erst bei der Zustellung zu entrichten. Der Postmeister konnte dafür zwei Drittel des verrechneten Briefgel-des behalten und bekam zusätzlich ein Rittgeld für das Verliefern der Post nach Kundl. Ab 1789 gab es dann zusätzlich ein Wartegeld. Hinzu kam das Geld für die Personenbeförderung, die die Post mit ihren Kutschen lange Zeit innehatte, bis ihr die Eisenbahn den Rang ablief. War der Postillion bei Extrafahrten ermächtigt, das ganze Geld für sich zu behalten, stand ihm bei „ordinari" Postfahrten nur ein Rittgeld nach Anzahl der Pferde und Streckenlänge zu. Dieses eher komplexe Entlohnungsschema unterstreicht, daß die Aufgabe der Postbeauftragten lange eine Zusatzbeschäftigung war, die nach Bedarf bezahlt wurde. Mit zunehmender Bedeutung der Funktion verringerten sich im Laufe der Zeit die variablen Lohnbestandteile, während der Fixlohn stieg. Der erste offizielle Postmeister von Wörgl, Johann Georg Andre, fungierte aber noch eindeutig mehr als Wirt denn als Postbediensteter, wie es zu dieser Zeit generell Usus war, die Postagenden finanziell einigermaßen abgesicherten Wirten zu übertragen. Die Postwirte profitierten ihrerseits vor allem indirekt von dieser Regelung durch den Imagegewinn - wie man heute sagen würde - für ihre Gasthäuser, die in den jeweiligen Orten als das Gasthaus angesehen wurden, was sich, oft noch verstärkt durch eine gesellschaftspolitisch bedeutsame Position als Nachrichtenzentrum, wiederum positiv auf den Geschäftsgang auswirkte. So ist der Gasthof von Andre noch heute als die „Alte Post" ein Begriff, die nicht von ungefähr zu ihrem Namen kam, war sie doch tatsächlich das erste ortsansässige Postamt. Nach dem Tod von Andre verlangte die Postverwaltung in Innsbruck allerdings, daß auch der neue Postmeister mit Grund und Boden in Wörgl ansässig sei. Demzufolge konnte dessen Schwiegersohn das Postamt von der Witwe Andre erst übernehmen, nachdem sie ihm auch die Gastwirtschaft verkauft hatte, womit er allerdings in Konkurs ging, was die ursprünglichen Vorbehalte der Postverwaltung im nachhinein rechtfertigen sollte. Somit kam Wörgl auf Umwegen 1891 auch zu einer „Neuen Post", nachdem das Postamt einige Jahre im Lokal der Handlung Gratt und dann auch im Zuhaus beim Schachtnerwirt verbracht hatte und letztendlich durch eine Heirat auf der gegenüberliegenden Straßenseite im - damals noch - „Hohe Salve" genannten Gasthaus landete. Dessen Wirt, ein gebürtiger Jenbacher namens Lechner, hatte nämlich die für das Postamt zuständige Kreszenz Waltl geehelicht - klein wie die Welt ist, auch Jenbacherin von Geburt -, und so hatte sie das Postamt in sein Gasthaus übersiedelt und diesem zum neuen Namen verholfen. Der Name „Neue Post" sollte bis heute Bestand haben, während der Besitzer des Gasthauses 1896 wechselte, womit nach knapp fünf Jahren der Standort der Postkanzlei neuerlich verlegt wurde.
Lediglich die Station für die bereits seit 1817 bestehende Postwagenverbindung verblieb in der „Neuen Post". Deren bisherige Besitzer - die o. a. Familie Lechner - zogen in ihren bald „Lechnerhaus" genannten Neubau in der Bahnhofstraße und nahmen die übrigen Amtsgeschäfte mit. Da zusätzlich noch seit 1860 eine vorrangig für den Versand und Empfang von Briefen zuständige Postdienststelle am Bahnhof eingerichtet war, befanden sich die damaligen Dienstleistungen der Post also sogar auf drei Häuser verteilt. Doch 1900 übernahm Anton Hörtnagl die Postkanzlei und brachte selbige wieder in der „Neuen Post" unter. 1896 war übrigens bereits der Postdienst mit dem Telegraphendienst vereinigt worden, und ein Jahr später wurde ein Landbriefträgerdienst nach Mariastein eingerichtet, nachdem Mitte des 19. Jahrhunderts auch schon der Zusteilbereich von Wörgl bis Kirchbichl, westlich bis Aichach, ins Brixental bis inklusive Westendorf und auf die Wildschönau ausgeweitet worden war. Dafür hatte sich der Fixlohn da schon vervierfacht, und der Anteil am Porto für den Postmeister betrug lediglich noch 10%. Was nach dem oben Gesagten darauf schließen läßt, daß die Posttätigkeit inzwischen so auslastend war, daß der erste Berufspostmeister nicht mehr weit sein konnte, und genau dazu hatte die Landpostreform von 1900 den vorhin erwähnten Anton Hörtnagl gemacht.1927 brauchte es dann mit Johann Mitterhofer den ersten „Postamtsdirektor", um ihm sowohl die Leitung von Wörgl 1, dem Postamt im Ort, als auch von Wörgl 2, am Bahnhof, zu übertragen. Bald schon stand aber wieder einmal eine Übersiedlung an, da das Postamt 1 in der „Neuen Post" schon einige Zeit aus allen Nähten zu platzen drohte. Deshalb wurde ein neues Postamt mit Verstärkeramt in der Salzburgerstraße errichtet, was wiederum gerade die heimische Wirtschaft überhaupt nicht erfreute, da das Postamt nun ihrer Meinung nach zu weit abseits lag. Doch die Postverwaltung zeigte sich wenig gesprächsbereit, so als ob es den schlechten Ruf von Staatsbetrieben zu begründen galt.
Immerhin wurde 1937 auch die Bahnhofsdienststelle erweitert, da sich auch das im Amtsjargon als Postamt 2 bezeichnete Gebäude als zu klein erwies. Nachdem in der folgenden deutschen Verwaltungszeit der Personalstand von 21 Beschäftigten auf das Vierfache erhöht worden war, sollte das Postgebäude erst recht wieder zu klein sein, sodaß Ausweichdienststellen im Wastlhaus, Riederstöckl, dem Bahnhofshotel und in einer Baracke am Bahnhof Abhilfe schaffen mußten. Am 23. Februar 1945 wurden dann mitsamt dem Bahnhof auch die dortigen Postdienststellen zerbombt. So mußte das Postamt nach dem Krieg zwischenzeitlich in der Innerkoflerkaserne untergebracht werden. Zugleich wurde nach Kriegsende unter Josef Seisl und Franz Wolf der Postdienst wieder auf österreichische Verhältnisse zurechtgestutzt und der gesamte Personalstand halbiertAm Ende einer langen Odyssee konnte dann beinahe auf den Tag genau sieben Jahre nach dem Bombenabwurf als bislang endgültige Heimstatt das neue Postgebäude am Bahnhof bezogen werden, das die vormaligen Ämter 1 und 2 unter dem Postamtsdirektor Rudolf Loinger unter einem Dach vereinte. Daß es gegen die erneute Verlegung wieder Proteste gab, sollte niemanden mehr verwundern. Besonders der Wörgler Kaufmann Hans Kirschl sah sich nun an die Peripherie des Geschehens gedrängt. Er schaffte seiner Verzweiflung in einem langen Gedicht Luft. Aber es half nichts, denn das ums Doppelte vergrößerte alte Gebäude an der Ecke Salzburger Straße - Stumpfstraße wurde nun für das Wähl- und Verstärkeramt gebraucht. Die Baulichkeiten am Standort Bahnhof der Post wurden dagegen bis 1958 sogar noch um die längst fällige Postgarage für den Autobusverkehr mit den Nachbargemeinden erweitert, während man bis dahin ohne überdachten Parkraum auskommen und allfällige Wartungsarbeiten bei jeder Witterung im Freien erledigen mußte. Die Errichtung der Garagen kam somit gerade noch zur rechten Zeit, sodaß sich die gesamten Postanlagen, dem neuen Status des Ortes entsprechend, stadtgemäß präsentieren konnten.
Text von Herbert Werlberger  aus "Wörgl Ein Heimatbuch" Edition Josef Zangerl.